Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal vom Equal Pay Day hörte war ich wirklich erstaunt –müssen Frauen mit roten Taschen durch die Gegend laufen, um auf Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern aufmerksam zu machen? Und um an diesem einen Tag Vergünstigungen zu bekommen? Hatte mich mein Eindruck etwa tatsächlich nicht getäuscht, dass Männer in vergleichbaren Positionen und mit vergleichbarem Bildungshintergrund mehr verdienen als Frauen?
Die Tatsachen drängten sich mir förmlich auf. Frauen müssen in Deutschland fast drei Monate mehr arbeiten als Männer, um deren Gehaltslevel zu erreichen. In den vergangenen Jahren habe ich viel über das Thema nachgedacht, mit Frauen und Männern über ihr Gehalt gesprochen (sofern es die Höflichkeit erlaubt) und immer wieder liefen diese Gespräche auf das gleiche Ergebnis hinaus: Frauen verdienen unabhängig vom Beschäftigungsgrad eindeutig weniger als Männer Aber warum? Hierfür gibt es einfach keinen Grund. Und doch ist es so. Hierzu kommt, dass Frauen aufgrund ihrer statistisch höheren Lebenserwartung und höheren Vorsorgekosten höhere Prämien bei Lebensversicherungen und Zusatzleistungen der Krankenkassen zahlen müssen als männliche Versicherte. Mehr zahlen dürfen Frauen also, aber verdienen dürfen sie nicht.
Deutschland hinkt hier im europäischen Vergleich deutlich hinterher – EU-weit ist der Lohnunterschied mit 16 Prozent deutlich geringer als in Deutschland mit satten 22 Prozent. Hierzulande werden Mini- und Teilzeitjobs in noch dazu schlechter bezahlten Branchen verantwortlich gemacht, in denen Frauen deutlich häufiger anzutreffen sind als Männer. Aber auch das ist im europäischen Vergleich nicht der Grund für die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern.
Als Erklärung für Gehaltsunterschiede wurde mir gegenüber einmal angeführt, dass Frauen schlechter um ihr Gehalt verhandeln würden als Männer, sich schneller mit weniger zufrieden geben oder gar nicht erst ein ihren Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechendes Gehalt fordern. Das kann es doch aber wirklich nicht sein.
Der Vorstoß der SPD, Gehälter nach österreichischem Vorbild offenzulegen, spricht mich persönlich nicht an, aber immerhin ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Scheinbar geht es ja nicht anders um Frauen die Augen für die Gehaltsmöglichkeiten zu öffnen. Aber eigentlich sollten sie gar nicht erst um gleiche Gehälter kämpfen müssen, die ihnen meiner Meinung nach sowieso zustehen.
Letztendlich erwarten Experten, dass der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen durch die Einführung des Mindestlohns sinken wird. In Groß-Britannien hat die Einführung des Mindestlohns immerhin dazu geführt, dass sich der Abstand zwischen den Gehältern um bis zu 2 Prozent verringert hat. Das lässt mich hoffen. Vielleicht kann ich meine rote Handtasche dann zukünftig tragen, ohne dass sie ein Statement abgibt und ich in die Frauen-Klischee-Ecke gedrängt werde. Sondern einfach weil ich sie mag.